Beiträge von M_i_c_h_a

    Hab' nun 4500km in 7 Monaten weg und bin immer noch begeistert. Vor allem schätze ich sehr, dass ich endlich wieder an der roten Ampel entspannt vordrängeln und mich vor's erste Auto setzen kann, wie vom Motorrad gewöhnt. Die Beschleunigung und die fehlenden Beschleunigungslöcher beim Schalten erlauben recht schnell einen schön weiten Abstand zum Auto dahinter aufzubauen. OK, es sei denn, es saß ein kleiner Michael Schumacher am Lenker. :) Selbst mit Sozius bremst man den normalen Verkehr nicht aus. Einfach genial.

    Die Kombination aus 4kW, elektrischem Drehmomentverlauf und 60km/h sind das Optimum, was im gesetzlichen Rahmen möglich ist. Die Gesetzgeber haben ja nicht geahnt, dass mal "mehr als 50ccm" möglich ist, weil's keinen Hubraum gibt. :) Und so hat man das Drehmoment eines Leichtmotorrads und 60km/h in einem klassischen, sehr leichten Moped. Das ideale Gefährt für die Stadt.

    Außerdem wird die richtige Kettenspannung bei voll belastetem (mindestens 1 Person)
    Fahrzeug festgestellt. :)
    Je weiter die Schwinge einfedert, umso straffer wird die Kette.

    Stimmt den das? Bei meiner S51 wird die Kette im lockerer, je mehr ich das Moped belaste. Wäre es so nicht logisch, wenn man die Kettenspannung einstellt, wenn das Moped auf dem Hauptständer steht? Bei mir ist dann die Kette am straffsten und sollte in dem Fall doch noch etwas locker sein oder?

    Ein Aspekt des Umbaus ist mir die letzten Tage wieder aufgefallen. Als ich vor ein paar Jahren von Motorrad auf Moped wechselte, musste ich akzeptieren, dass das Vordrängeln an Ampeln in der Stadt und im Stau kaum noch Spaß macht, weil ich dann die Autofahrer ausbremste. Was nützt einem da die Polposition. Jetzt, mit dem E-Antrieb, ist das wieder eher so wie mit dem Motorrad, in der Regel bildet sich schnell ein großer Abstand zum Auto hinter mir. So macht Stadtverkehr wieder Spaß.
    Auf meinen ersten Fahrten musste ich nur lernen, dass ich bummlige LKW bei etwa 50km/h aber nicht überholen sollte, dass die Höchstgeschwindigkeit trotz den Anzugs dann doch nicht die eines Motorrads ist.

    An die Rekuperation hab' ich mich gewöhnt. Ich denke, dass ist eine Frage der Gewöhnung. Beim Verbrenner reagiert der Motor nicht so stark auf Bewegungen am Gasgriff und immerhin haben wir nun drei recht stark ausgeprägte Funktionen - Beschleunigen, Rollen und Bremsen - auf die man sich erst einstellen muss.

    Das Rollen geht nach einiger Zeit, jedenfalls bei mir, sehr gut. Der Antrieb hat doch ein leichtes Schnarren, was von den wechselnden Magnetfeldern des Motors herrührt, der die Zähne mit kleinen ruckartigen Bewegungen auf die Kette schlägt. Beim Gaswegnehmen kann man hören, wie das Scharren aufhört bzw. sein Klang wechselt - dann rollt die Simme. Man muss erst lernen, diesen Zustand mit Feingefühl zu finden, aber nach einer Weile mußte ich darüber nicht mehr nachdenken. Es hat was von Zauberei, wenn man nur mit einer leichten Handbewegung zwischen allen drei Zuständen wechselt. Es gibt da sogar einen Begriff dafür:

    https://de.wikipedia.org/wiki/One-Pedal-Driving

    Ich denke, die Probleme mit dem Gasgriff hättest Du auch, wenn Du von der Simme auf ein starkes 4-Zylinder Motorrad wechseln würdest. Der kleine Verbrenner ist halt recht zahm bei allem, was bei knapp 4PS und wenig Drehmoment auch logisch ist. Selbst der Effekt der Motorbremse ist beim Zweitakter sehr schwach. Jetzt sind es 5.4PS und ein sattes Drehmoment von Anfang an.

    Geäuschentwicklung - ja, mir war der Antrieb auch zu laut. Ich habe den Tachoantrieb entfernt und auf Nabenantrieb gewechselt. Den Seitendeckel von Innen mit Bauschaum gedämmt, eine sehr gute Regina-Kette eingebaut, welche schlanker und leiser ist. Das 10er Ritzel hat auch etwas Spiel auf der Motorachse, was vielleicht zum Schnarren beiträgt. Dagegen hilft LOCTITE 638, dann sitzt das Ritzel ohne Spiel. Mit diesen Maßnahmen wird das Schnarren ein ganzes Stück leiser.
    Für Tuner mag noch das 11er Ritzel was sein (gibt es bei SR für die SR50), es könnte leiser sein, weil es größer ist und eine ungerade Zahl an Zähnen hat. Damit fährt die Simme dann wohl so ~68, hat etwas weniger Beschleunigung und ist auch nicht mehr für die Straße zugelassen.

    Ich hab' bei meiner S5 vorn neue hydraulische Dämpfer von SWH eingebaut, doch irgendwie sind die nicht so richtig leichtgängig. Wenn ich zum Beispiel an die Kreuzung ranfahre und stoppe, tauchen sie ein, kommen aber nach einer Weile immer noch mal ein Stück in Ruheposition geruckelt. Es fühlt sich nicht smooth an. Gibt es einen Trick, das zu beheben? Ist da was verspannt? Hab's schon mit lockern und wieder festschrauben versucht.

    Irgendwie fehlt dem Thread ein Erfahrungsbericht, wie sich das Ding nun fährt - ich übernehme das mal.

    Vor einem Jahr etwa wollte ich verzweifelt meine Simson S51 aufgeben. Aber der Reihe nach.

    Ich bin zuvor lange eine 650er Enduro von Honda gefahren (nach Jawa 05 in meiner Jugend, später ETZ250), aber durch Nachwuchs und Familie stand sie zu viel rum und war für kleine Touren in der Stadt eigentlich schon zu groß und stark. Als eine größere Reparatur anstand hab' ich auf Simson gewechselt, dachte es mir als kleines klassisches Zweirad für die Stadt.

    War das eine Enttäuschung - trotz Generalüberholung des Motors in der Werkstatt war ständig was, die Unzuverlässigkeit lies mich immer seltener fahren und dadurch wurde sie noch unzuverlässiger. Wasser im Vergaser, verklebte Kupplung, Gänge die nicht reingehen oder rausspringen - das alles kannte ich von Honda nicht. Losfahren und Ankommen wurde zum Glücksspiel.

    Eine Alternative war aber auch nicht in Sicht, denn ich mag klassisches Design, weniger als 60km/h ist mir nichts, aber die Gängelei mit dem Gang zum TÜV aller zwei Jahre wollte ich auch nicht mehr. Doch zum Glück entdeckte ich das Umbaukit.

    Und jetzt, ein Jahr später, freu' ich mich über jeden Weg, den ich mit der Simme erledigen kann. In einem halben Jahr sind schon 3000km runter, es macht einfach zu viel Spaß, damit durch die Stadt und die Umgebung zu sausen. Draufsetzen, losfahren, Ankommen und das mit einer geilen Beschleunigung. Endlich geht's da weiter, wo ich mit meiner SLR650 aufgehört habe. Vom 650er Eintopf kommend habe ich dem Sound des Zweitakters nie groß was abgewinnen können, vor allem an Bergen und zu zweit hatte ich das Gefühl von Quälerei. Und jetzt - selbst zu zweit beschleunigt die Simme mühelos auf 60 den Berg hoch. Sie hat nun was von einem fliegendem Teppich. Das leise Surren des Antriebs gefällt mir gut. So oder ein ordentlicher bollernder Eintopf - den beiden Extremen kann ich was abgewinnen.

    Ich sehe bei dem Umbau auch keine Zerstörung von Kulturgut. Umbauen gehört zur Simme und viele Umbauten der vergangen Jahre hätte diesen Vorwurf viel eher verdient. Und da Simson eh schon einen Prototypen mit E-Antrieb entwickelt hatte, ist das Umbaukit von SR doch nur das, was Simson mittlerweile genau so gemacht hätte. Und einer der letzten Entwickler aus Suhl hat seinen Segen ja auch noch gegeben. Was will man mehr?

    Die Reichweite passt für meine Ansprüche in der Regel sehr gut, ich kann mit 30km Radius gut leben. Aber na klar, ich hoffe auf die Zukunft und mehr Reichweite, um einfach auch mal länger über Land diese Art der Fortbewegung genießen zu können. Meine Erfahrung mit der Reichweite ist: solo sportlich 50km oder normal mit Sozius 60km. Und wenn es sein muss geht auch schon mal mit etwa 50km/h, tiefenentspannt und mit Sozius die 70km zu knacken.

    Am liebsten sind mir schnelle Fahrten durch enge Gassen, wie ein Mauersegler gleitend, oder Ausflüge in die Botanik. Schon witzig, wenn einen ein Reh verdutzt anschaut, wenn man unerwartet vom ihm auftaucht. Es ist herrlich, das fette Drehmoment von unten herauf zu spüren, sich auf Feldwegen steile Hügel hinaufzukämpfen - wobei kämpfen eigentlich nicht passt, doch dafür fällt mir kein Wort ein. Es ist magisch, was da am Hinterrad passiert. Ohne Motorgetöse wühlen sich die Stollen durch den Untergrund, fliegt der Schlamm, knirschen die Steine.

    Natürlich ist es auch geil, mit Lärm, Qualm und Gestank sich durch's Gelände zu graben. Auch eine Dampflok ist beeindruckend und Steam Punk macht Spaß. Aber so wie man sich auf dem Wasser am Segeln berauschen kann, so ist das Fahren mit einem E-Motor auf dem Land eine ganz eigene Qualität. Schön, dass man nun auch mit der Simme die Wahl hat.


    Hier noch ein paar Fotos. Mein Ziel war es dem Design der Simme weitestgehend treu zu bleiben. Nur der alte Gepäckträger passte für mein Nutzung so gar nicht, meine Sozia brauchte ein Top, wo sie den Rucksack auf dem Rücken absetzen kann. Und ich habe versucht all das blanke Metall etwas zu reduzieren, denn von der Honda kommend sah' das für mich nach einem Haufen von Bauteilen aus und störte den optischen Zusammenhalt. Wobei ich nicht auf makellosen Lack stehe, dass Ding muss am Ende so aussehen, als wäre es schon so Jahrzehnte unterwegs. :)