Bei solchen Themen muss man wirklich extrem vorsichtig sein was man glaubt und was nicht.
Die Erklärung in dem Video, dass der menschliche Körper kapazitive Eigenschaften hat, die bei einer Wechselspannung höhere Ströme fließen lassen, halte ich für sehr stark vereinfacht und teilweise auch für falsch.
Der menschliche Körper mit seinem salzhaltigen Elektrolyt stellt hauptsächlich einen ohmschen Widerstand da.
Die kapazitiven Effekte sind zu vernachlässigen.
In dem Video möchte er eine Kapazität des Menschen von 5nF gemessen haben. Wo genau wird überhaupt gemessen? Mit dem Finger drantippen misst vielleicht eine Kapazität gegen Erde, da könnte auch noch eine isolierende Schicht Schuhsohlen dazwischen liege. Das wäre somit nicht verwunderlich. Hat aber keine Aussagekraft wenn man mit zwei Händen an eine Spannung packt. Das soll den effektiven Strom verdoppeln. Der Scheinwiderstand des Kondensators bei 5nF und 50 Hz beträgt um 650 kOhm, bei einer Spannung von 120 V wäre das ein zusätzlicher Strom von rund 0,2 mA, das ist weit davon entfernt, den effektiven Stromfluss zu verdoppeln.
Das hat natürlich seine Berechtigung, wenn wenn man mit EINEM Punkt eine Massebezogene Spannung berührt. Durch eben beispielsweise die Gummisohle des Schuhs kann quasi kein Gleichstrom fließen. Ein Wechselstrom kann aber scheinbar dennoch fließen, da eine Kapazität zur Erde besteht.
Wechselspannung ist aus einem anderen Grund bei gleicher Effektivspannung gefährlich: Es geht um die Spitzenspannung der Wechselspannung, die bei 120 V rms bei eben 170 V liegt.
Fasse ich nun an eine Gleich- und eine Wechselspannung mit beispielsweise 200 V, so fließt in den Spitzen der Wechselspannung (kann man sich bildlich vorstellen wenn man den Sinus vor Augen hat) deutlich mehr Strom, da die Spitzenspannnung einer sinusförmigen Wechselspannung um Faktor Wurzel2 (ca. 1,4) größer ist als die Effektivspannung.. Im zeitlichen Mittel fließt zwar der selbe Strom wie bei der Gleichspannung (desshalb auch "Effektivwert"), was zum Beispiel eine Glühbirne an einer Wechselspannung und an einer Gleichspannung gleich hell brennen lässt. Das zeitliche Mittel juckt das Herz aber wenig, wenn es nach der ersten Spitze vom Sinus (bei Netztspannung mit 10 ms ordentlich lang) schon nicht mehr will.
Der Wechselstrom tut einfach mehr weh, weil er die Nerven so schön anregt, was wir dann als Schmerz empfinden.
Außerdem mag das Herz nicht gerne aus dem Takt gebracht werden, und das wird es eben besonders gerne, wenn es einen Wechselstrom zu Gesicht bekommt, dem es nicht folgen kann (Kammerflimmern). Dessen Wahrscheinlichkeit ist bei Gleichspannung deutlich geringer.
Der Kerl mag zwar lustige, einfach verständliche Youtube Videos machen, ist aber ein ziemlich schlechtes Vorbild für Leute, die das witzig finden und nachmachen möchten ohne entsprechendes Wissen zu Verfügen. Zumal der Kerl nur die halbe Netzspannung hat als ein 13 jähriger in Europa, der das auch mal mit Netzspannung versuchen möchte.