50ccm Sportzylinder oder 60ccm Zylinder - Gesetzmäßigkeiten

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  • Beides illegal ohne Eintragung und Umtragung der Fahrzeugklasse auf Leichtkraftrad + amtliches Kennzeichen + größerer Führerschein.


    Das einzige was ohne Eintragungen legal ist, ist das top-fit halten und perfekte Abstimmen aller Serienkomponenten aufeinander.


    Im Englischen gibt es dann noch die Bezeichnung des "Blueprintings"... das wäre wahrscheinlich eine rechtliche Grauzone. Damit ist das Beseitigen und Optimieren der Unzulänglichkeiten der Industriellen Massenfertigung an Zylindern gemeint, so dass man an den Punkt angelangt wie auf der 'Blaupause'/Blueprint vorgesehen. Entgraten, Strömungsoptimierung von unsauber gegossenen/gearbeiteten Kanälen (wie z.B. das Beseitigen von Stufen), Nacharbeiten von überstehenden Dichtungen etc.; natürlich ohne Durchmesser zu verändern und ohne die Steuerzeiten anzufassen.
    Lustigerweise habe ich erst letztens einen Ausschnitt einer DDR Publikation zum Thema Simson gelesen wo auf Veränderungen und deren Legalität eingegangen wurde. Die Beseitungung von Ungenauigkeiten und Unzulänglichkeiten der Massenfertigung war dort als erlaubt angegeben.


    Auspuffmäßig selbstverständlich alles Dicht und sauber halten. Man kann mit der Einstecktiefe des Auspuffs auf den Krümmer einwenig spielen, was den Resonanzbereich einwenig nach oben oder nach unten verschiebt (aber bitte nicht mehr als 3-4cm aufstecken, das raubt dann eher nur Leistung). Schalldämpfereinsatz kann man mit den beiden Arten rumspielen (der neuere mit 2 x 1 Rohr oder der ältere mit 2 x 2 Rohre).


    Dann selbstverständlich auch so Sachen wie die Zündungsart, der Zündzeitpunkt selber, genaue Vergasereinstellung, Leichtgängigkeit von Lagern, Kettenspannung, Luftdruck der Reifen, etc.


    Es gibt also auch im völlig legalem Rahmen viele Punkte und Leistungsbremsen die man optimieren und beseitigen kann.



    50ccm Sport vs 60ccm: Kleines Gedankenspiel. Ein Simsonfahrer hat einen selbstverschuldeten Unfall mit Personenschaden, Karre ist top fit und bis auf 50ccm Sport/60ccm Zylinder komplett Stino. Die Simmi wird eingezogen und einem von der Versicherung beauftragten Gutachter hingestellt, dieser hat die Aufgabe Punkte zu finden bei welchen die Versicherung den Halter der Simmi in Regress nehmen kann.
    Was ist wahrscheinlicher?
    a) Fall 60ccm: Gutachter nimmt den Zylinderkopf ab, nimmt einen 0815 Messschieber und misst den Durchmesser der Laufbuchse, guckt in ne Liste und sieht: Aha! Durchmesser ist außerhalb der legalen Schleifmaße = Hubraumerweiterung = verloren. (Alternative: Zylinderkopf ist ab, Gutachter nimmt eine Drahtbürste und bürstet bissl Ruß vom Kolben runter um das Maß welches auf diesem steht zu lesen.)
    b) Fall 50ccm: Gutachter nimmt den Zylinderkopf ab. Misst nach/ließt ab dass der Hubraum stimmt. nimmt den Zylinder ab und schaut sich den Kolben an (bearbeitet = "Kolbentuning" = verloren). Kolben sieht unbearbeitet aus. Stimmt die Anzahl der Kanäle mit Serie überein (2 Überströmer, 1 Einlass, 1 Auslass)? An diesem Punkt angelangt ist alles im grünen Bereich... nun müsste man sich die Frage stellen: sagt der Gutachter sich selber jetzt "Ok, wird schon stimmen."? Oder misst er nun die Steuerzeiten, Kanalbreiten etc. aus. Dazu sei gesagt dass diese 1) von Werk aus Toleranzen unterliegen und die Steuerzeiten bei Nachbauware wieder nochmal ganz anders ausschauen können und 2) sich selbst in der Literatur wenige Informationen finden lassen welche super _genauen_ Werte nun für welchen Stino-Zylinder zutreffen.


    Fall a) ist im Fall des Falles _wirklich_ schnell herausgefunden. Fall b) bedarf da schon vergleichsweise mehr Arbeit und Aufwand. Die Auffälligkeit von Fall b) ist dann natürlich stark davon abhängig wie Dolle die Steuerzeiten des Sportzylinders verändert wurden. Klaffen da riesige Löcher wo einst normalgroße Kanäle waren, ist es offensichtlicher als eine eher leichte Veränderung der Seriensteuerzeiten.



    Die Kw/PS Angabe eines serienmäßigen Fahrzeugs ist immer auch nur eine Art Orientierungsmaßstab was drinne sein sollte ;)
    Selbst heutzutage mit den hochentwickelten super präzisen Herstellungsmethoden von Premiumherstellern streut diese Angabe in Realität teils deutlich nach oben oder nach unten. Und nun kann man sich mal überlegen wie die Toleranzen bei vergleichsweise primitiven Herstellungsmethoden der sozialistischen Jahresplan Massenherstellung von vor vielen Jahren ausschauen ;)
    Je nachdem welcher Wochentag oder welcher Monat war und welcher Arbeiter gerade an der Zylinderbearbeitung saß, werden die Maße wesentlich voneinander abweichen. Hab gerade innerhalb der letzten 2 Wochen zwei Stino M53 Zylinder "geblueprinted". Nr.1 war der Horror was Ungenauigkeiten anging. Nr.2 hat nur einen minimalen Bruchteil der Arbeit an Nr.1 gebraucht um auf den gleichen bis sogar besseren Stand zu kommen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Jackalized ()

  • Endlich mal ein Fred, welcher die Gesetzmäßigkeiten wunderbar beinhaltet. Ich danke allen die sich die Mühe gemacht haben hier zu antworten, vor allem @Jackalized :)
    Ich denke das, wenn ich mir einen Zylinder zulegen werde, wird es der 50er Sport sein - Anhand des Beispiels. Die Theorie für mein Auto/A1 - Führerschein habe ich bereits abgeschlossen, fehlt nur noch die Theorie-Prüfung und dann wird gefahren :) Dann werde ich mir überlegen, ob ich mir eine Simson aufbaue - mit entsprechender Leistung, mit entsprechender Zulassung und Legalität.


    Ich denke das die Zusammenfassung hier auch vielen anderen helfen wird, wie ich sehe bin ich ja nicht der Einzige der über sowas nachdenkt :)

  • Hier als Nachtrag noch der Artikel aus der DDR Publikation zu zulässigenen Veränderungen am Motor:




    Es handelt sich hierbei um einige eher lose Seiten die an's Ende dieser eingescannten Reparaturanleitung geklebt wurden.
    Leider hab ich nicht herausfinden können woher der Text stammt. Falls es jemand hier weiß: bitte melden! Würde mich sehr interessieren. Die Informationen auf diesen "losen Seiten" sind super interessant und ziemlich tiefgehend mit vielen Interessanten Infos.

    2 Mal editiert, zuletzt von Jackalized ()

  • So ganz ist das nicht richtig. Ich hab mehr Leistung (4KW) mit Versicherungskennzeichen eingetragen. Natürlich mit angepasster Übersetzung.
    Ohne Eintragung ist das ganze natürlich nicht zulässig.


    Ich habe bis heute keine Vorschrift gefunden, die besagt das ein Moped nur 5,4PS haben darf. Einzig Hubraum und Endgeschwindigkeit werden immer geregelt. Hätte dazu gerne mal einen Nachweis. Hab da auch schon mal einen TÜVer drauf angesetzt. Der hat aber auch nicht mehr rausbekommen.

  • Somit fährst Du aber nicht mehr mit der ABE rum, in der 2,72 kW stehen. Die ist nämlich nun ungültig und wurde durch die Einzelabnahme ersetzt.

  • @Simon S93 das schrieb ich ja oben, man darf bergab auch nicht schneller als 60 fahren
    So viel zur ABE


    Natürlich hab schnitzer eine neue Betriebserlaubnis.


    Und wenn es nach dem oben genannten Text geht, dann dürfen Almot Zylinder nicht verbaut werden (größerer EInlass, veränderte Querschnitte, verändertes Steuerdiagramm) und der Bing vergaser draf nicht gegen einen BVF getauscht werden.



    @schnitzer Die 4KW beziehen sich laut TÜV tatsächlich nur auf Fahrzeuge mit mehr als 2 Rädern, jedoch fallen diese unter die selbe Klasse und somit gilt hier meiner meinung nach das gleiche recht für zweiräder.
    Jedoch ist in der Klasse AM nicht das Leistungsgewicht beschränkt.
    Wenn man es schafft ein Moped zu bauen, dass 40Kg wiegt mit einem 4Kw Motor, dann hat es das gleiche Leistungsverhältins wie eine 125er :D
    https://www.tuev-nord.de/de/pr…n/klassen-a-a1-a2-und-am/

  • Theoretisch darfst du mit der Simson auch nicht einen Berg runter fahren und dabei deine Höchstgeschwindigkeit von 60kmh überschreiten, da man für Geschwindigkeiten über 60kmh min. einen A1 schein braucht.


    Da hätte ich gern eine Quelle für. Soweit ich weiß beschränkt sich die Führerscheinklasse auf das Fahrzeug und nicht die Geschwindigkeit per se. Und unter Klasse AM fallen 50ccm Zweiräder mit 40km/h Endgeschwindigkeit (pre 1984 Westdeutschland), 50km/h Endgeschwindigkeit (1984-2002), 60km/h Endgeschwindigkeit (pre 1993 DDR) und heutzutage 45km/h Endgeschwindigkeit.


    Was Bergrunter und mit Rückenwind und im freien Fall für Geschwindigkeiten erreicht werden ist da völlig egal.... da kann man auch mit 180 Sachen Unterwegs sein und keiner kann einem was ;)


    OLG Karlsruhe Urteil vom 10.1.2003, 1 Ss 73/02 besagt, dass die Endgeschwindigkeit für den Sachverhalt des Fahrens ohne Fahrerlaubnis 1) "[...]wesentlich über der durch seine Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit liegt." und 2) muss dieses auf ebener Strecke regelmäßig wiederholbar sein.
    Zitat zu 1), der wesentlich über der Höchstgeschwindigkeit liegenden Geschwindigkeit: "Die Grenze, ab welcher solche ohne äußere Eingriffe aufgetretene Veränderungen als wesentlich anzusehen sind, bemisst der Senat vorliegend mit 20 %, so dass bei einem geringeren Anstieg der bauartmäßig zugelassenen Höchstgeschwindigkeit die Fahrerlaubnis und damit der Tatbestand des § 21 Abs.1 StVG nicht betroffen ist."


    Quelle: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/l…ent.py?Gericht=bw&nr=3163


    60 + 20% = reale 72km/h darf man mit einer Stino Simson wiederholbar auf der Ebene fahren.
    Und da darf die Polizei auf ihrem (ungeeichten) Tacho 86km/h sehen (da nochmal 20% Abzug für ungeeichte Tachos) ;)

  • Natürlich beleibt die Maschiene bauartbedingt eine AM Moped, aber sobald sie die 72kmh überschreitet wird sie zum A1 Fahrzeug.


    Natürlich kann dir keiner was, da sie auf der Ebene nur 65 Fährt.
    Deshalb sind mobile Prüfstände ja auch so gemein für Simsons, weil die den Windwiederstand und andere "Drosseln" nicht berücksichtigen und die Simme dann bis 100 Hoch dreht.

  • @ElektroZwiebel
    Die 4KW beziehen sich NUR auf Elektroantrieb. Also nicht bei unseren 2-Taktern. Alle anderen Leistungsbegrenzungen stehen bei 3 und 4-rädrigen Fahrzeugen.


    Das Thema ist recht kompliziert, da es kaum einen gibt, der wirklich Bescheid weiss. Ich beschäftige mich seit fast 10 Jahren mit der Thematik, was an Umbauten geht und was nicht. Motortuning ist dabei das einzig Schwierige, wo ich am wenigsten Infos gefunde habe.
    Daher könnte man, rein theoretisch, 50ccm und 20PS eingetragen bekommen. Praktisch ist das aber nicht realisierbar.

  • Die 72kmh dürfen nicht überschritten werden, ebene Fläche mit wiederholten fahrens, dieser abgesteckten Strecke.
    Das bedeutet..ich kann auf der geraden max 72 kmh (bis 20 % steigerung ohne tuning) erlaubt! Das wären Reparaturschleifmaße und leichtläufigkeit einer Simson! Könnte man schon schaffen!


    Wenn man aber mit 85kmh den Berg runter(rollt) :D is das keine eigenleistung der Maschine, da sie die Geschwindigkeit niemals selbstständig auf ebener Fahrbahn erreichen würde.

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