Mopedwandern
In einem Gespräch mit einer netten jungen Dame aus dem Forum in der letzten Woche ist mir wieder eingefallen, dass ich hier mindestens seit einem halben Jahr über etwas berichten möchte: Über das Mopedwandern. Letztes Jahr im August hatte ich Urlaub, und in diesem Urlaub habe ich in meiner Thüringer Heimat Ausflüge gemacht, wie ich sie bis dahin mit dem Mopped noch nie gemacht hatte. „Warum eigentlich nicht eher??“ kann ich mich im Nachhinein nur fragen.
Erste Wanderung: „Eigentlich wollte ich nur einen Benzinfilter kaufen“
Der Tag begann damit, dass ich mein Vorhaben, einen Benzinfilter in die Benzinleitung zu bauen, in die Tat umsetzen wollte. Also hab ich mich in Nohra aufs Mopped gesetzt und bin nach Weimar zum Händler meines Vertrauens gefahren, um dort den Filter zu kaufen. Als ich dort mit dem Filter in der Hand wieder vor dem Mopped stand fragte ich mich: „Willst Du jetzt wieder heim fahren? Ist der Ausflug dann schon zu Ende?“ Das Engelchen und das Teufelchen auf meinen Schultern waren sich beide einig: „Nein, wir fahren noch nicht heim.“ Also habe ich die Karte aus der Tasche geholt und geschaut, wo ich denn mal hinfahren könnte.
Nach kurzem Überflug mit dem Zeigefinger entdeckte ich die Talsperre Großbrembach, kaum 6 cm von meinem Standort entfernt. Da war ich noch nie, also wollte ich jetzt hin! Kurz die Route eingeprägt, dann die Karte wieder eingesteckt und losgefahren. Als erstes wollte der Ettersberg überwunden werden. Nach dem Ettersberg wird es wieder deutlich flacher.
Es folgte die erste Prüfung des Tages: Flog mir nicht bei voller Fahrt eine Wespe gegen das Handgelenk und dann in den Ärmel der Jacke, um mich anschließend gepflegt in den Arm zu stechen!? Mein ganzer Unterarm juckte und brannte. Mistvieh! Aber was uns nicht umbringt macht uns ja härter. Also weiter, auf kleinen Straßen über Ramsla und Schwerstedt nach Krautheim. Der Abzweig nach Großbrembach war auf der Karte leichter zu finden als vor Ort. Aber er blieb mir dann doch nicht verborgen und führte mich auf eine kleine Plattenstraße, die zwischen Feldern nach Großbrembach führte.
Einsame Straßen sind ideal zum Moped-Wandern: Die Straße von Krautheim nach Großbrembach
Kurzer Zwischenhalt: Das Mopped mit meiner Wander-Grundausstattung: Nachttopf-Helm und ein leichter Rucksack
Vor Großbrembach musste ich über einen kleinen Feldweg zwischen Maisfeldern fahren, dann war ich am Ziel. Das Möp musste warten, während ich ans Wasser ging. (bin eine Wasserratte...)
Während ich am Stausee war musste das Möp an einem Maisfeld warten.
Nun stand ich vor einer neuen Entscheidung: Wie fahre ich wieder heim? Die 6cm auf meiner Straßenkarte hatte ich schneller als erwartet zurückgelegt. Engelchen und Teufelchen waren sich wieder einig: „Wir fahren noch nicht heim“. Also weiter. Erstmal nach Großbrembach, und dann etwas ziellos zum westlichen Ortsausgang gerollert. Hier hatte ich die Wahl zwischen einer größeren Landstraße nach Sömmerda oder einer komfortabel asphaltierten Feldstraße. Da ich meine Ruhe haben wollte wählte ich natürlich die Feldstraße.
Weiter geht’s auf kleinsten Landstraßen.
Hier wurde mir wieder einmal ein Unterschied zwischen meiner thüringer Heimat und dem schwäbischen Exil bewusst: In Thüringen gibt es Felder, die bis zum Horizont reichen. Im Ländle gibt’s nur Handtücher. Nördlich von mir drohte am Horizont plötzlich eine Regenwolke. Also änderte ich meine Richtung etwas südwärts und landete in Vippachedelhausen.
Blick auf Vippachedelhausen („Vippelhusen“)
Hier musste ich mich jetzt langsam entscheiden, ob ich a) vor Erfurt in südliche Richtung abbiegen und heim fahren fahren wollte b) mitten durch Erfurt durchfahren wollte oder c) außen um Erfurt herumfahren wollte. Schönes Wetter, Genug Zeit, Maschine läuft, Engelchen und Teufelchen... Schon klar, blöde Frage: Variante c. Also durch Vippel...hausen und weiter nach Schloßvippach. Hinter dem Ort stand ich plötzlich am nördlichen Ausläufer der A81, der nach Sömmerda führt.
Als nächstes kam ich nach Großrudestedt. Ein typisches Thüringer Dorf mit einer Kirche, kleinen Straßen und Häuschen. Eigentlich ohne jede Sehenswürdigkeit, aber in der Summe aller Eindrücke äußerst typisch und doch sehr sehenswert.
Auf dem Thüringer Land in Großrudestedt
Hinter Großrudestedt ging es weiter auf kleinen Landstraßen zwischen Feldern hindurch und an Bäumen vorbei nach Alperstedt.
In Alperstedt wechselt die Straße die Richtung nach Süden. Nun geht es wieder ans Wasser: Es geht zunächst an den Stotternheimer Kiesgruben und danach am Alperstedter See vorbei. Ein Sommertipp: Hier kann und darf man prima baden gehen. Und es gibt einen Bereich für FKK-Freunde.
Ich kann mich in meinem Helm sehen!
Jetzt war ich in Stotternheim, einem Vorort von Erfurt. Da ich aber beschlossen hatte, nicht durch Erfurt zu fahren (Häuser statt Natur, Autos statt Ruhe), musste ich mich schleunigst nach Westen in die Pampa verschlagen. Also fuhr ich über Ringleben nach Gebesee. Auf einer Brücke stand ich plötzlich an der schmalen Gera.
In Gebesee überquerte ich die B4. Weiter ging es zwischen Feldern entlang. Jetzt war ich auf einer Straße gelandet, die nicht einmal meine Karte kannte. Sie führte mich nach Herbsleben.
Hinter Herbsleben ging es nach Döllstädt und weiter in Richtung Bad Langensalza. In Gräfentonna hatte ich den westlichsten Punkt der Fahrt erreicht. Ich beschloss, mich nun nach Süden zu halten und bog ab in Richtung Gotha. Am Straßenrand war als Sehenswürdigkeit plötzlich eine Bockwindmühle ausgeschildert, die ich mir natürlich kurz ansah.
Landstraße zwischen Kornfeldern
Weiter ging es in Richtung Gotha über diverse Nester nach Kindleben. Hinter Pferdingsleben überquerte ich die B7. Gotha war somit auch clever umgangen. Das nächste Ziel hieß Wandersleben und die drei Gleichen. (Das sind drei Burgen. Die heißen nicht so weil sie gleich aussehen, sondern weil die Burgherren „von Gleichen“ hießen.) Hinter Wandersleben liegt das Freudental mit der gleichnamigen Gaststätte. Hier hielt ich kurz an, um einen Blick in die Gegend und auf die Burgen zu werfen.
Bei den drei Gleichen: Blick zur Wachsenburg
Hatte ich schon erwähnt, dass ich zwischenzeitlich einen ziemlichen Hunger bekommen hatte? Nachdem ich an der Burg Gleichen vorbeigefahren war und die A4 unterquert hatte kam ich nach Mühlberg. Hier ist ein Rasthof, auf dem es zum Mittagessen endlich eine Bratwurst zu kaufen gab. Mein Magen war wieder zufrieden.
Von Mühlberg (über dem Ort liegt die zweite der drei Gleichen: die Mühlburg) aus ging es weiter in Richtung Arnstadt. Zunächst ging es an der Wachsenburg (der dritten der drei Gleichen) vorbei und durch Röhrensee.
Nach Röhrensee geht es über eine kleine Kuppe und anschließend hinein nach Holzhausen.
In Holzhausen musste ich an einer Baustellenampel warten und sah mich plötzlich einer netten Einladung konfrontiert. (siehe Foto)
Nette Einladung an einer Baustellenampel in Holzhausen
Für mich war heute aber der Weg das Ziel. Also gab es keinen Eiskaffee, sondern es ging weiter nach Arnstadt. Zum ersten Mal fuhr ich durch eine Stadt. Aber Arnstadt ist nicht so groß, so dass ich schnell wieder draußen war.
Außerdem hatte ich von der Bratwurst Durst bekommen. Ich hatte ja eigentlich gar nicht vor, so weit zu fahren. Deshalb hatte ich nichts zu trinken eingepackt. In Arnstadt konnte ich mich dann an einem Getränkemarkt mit einer Flasche Wasser versorgen.
Von Arnstadt aus fuhr ich weiter in Richtung Stadtilm. Nach ein paar Kilometern querte ich zum zweiten Mal an diesem Tag die A71. In Marlishausen meldete sich das Teufelchen auf meiner Schulter mit dem Antrag, noch einen Schlenker in Richtung Süden zufahren. Der Antrag wurde angenommen. Also ging es weiter parallel zur A71 nach Branchewinda.
Schon wieder die A81: Diesmal südlich von Erfurt, kurz vor Ilmenau, mit Blick nach Süden.
Mittlerweile war die Tageszeit etwas fortgeschritten, so dass ich mich nun tendenziell in Richtung „nach Hause“ orientierte. Es ging über Ober- und Niederwillingen nach Stadtilm.
In Stadtilm habe ich mich aber gleich wieder ins Hinterland geschlagen und bin über Wüllersleben und Gugleben in Richtung Riechheim und Riechheimer Berg gefahren.
Blick von Gugleben ins Thüringer Land
Vom Riechheimer Berg aus kann man schon nach Hohenfelden und zum Stausee Hohenfelden sehen.
Blick auf Hohenfelden und den Stausee Hohenfelden
Diesen Stausee habe ich heute aber links liegen lassen. Es ging weiter über Nauendorf nach Klettbach, von dort über Gutendorf in Richtung Bad Berka und schließlich durch den Wald hoch nach Troistedt.
Fast wieder zu Hause: Blick auf Troistedt
Hinter Troistedt verläuft die A4 und hinter der A4 liegt Nohra, wo die Ausfahrt nach 8 erlebnisreichen Stunden und 200km schließlich zu Ende war. Das Mopped hat gejubelt und mir taten weder der Hintern, noch der Rücken weh. Außerdem war dieser Tag ein echter Beweis der Zuverlässigkeit meines Fahrzeugs, so dass ich beschloss, nach diesem Prinzip noch die eine oder andere Ausfahrt zu unternehmen.
Das war der Bericht der ersten Ausfahrt. Ich hoffe, Ihr habt Lust aufs Nachfahren bekommen. Bei Gelegenheit kommt der nächste Bericht. Und sorry dass die Bilder etwas klein sind, aber ich gehöre zur aussterbenden Spezies der Modem-User. Und es hat so schon gedauert bis ich die durch die Leitung geträufelt habe.
:frown:
Für alle, die mit dem Zeigefinger auf der Karte mitfahren wollen, die Route im Detail:
Nohra – Obergrunstedt – Ulla – Tröbsdorf – Weimar-West – Lützendorf – Ettersburg – Ramsla – Schwerstedt – Krautheim - Großbrembach (Großbrembacher Stausee) – Thalborn – Vippachedelhausen – Dielsdorf – Schloßvippach - Großrudestedt (A71-Ausblick) – Alperstedt (Alperstedter See) – Stotternheim – Nöda – Ringleben - Gebesee (hier fließt die Gera) – Herbsleben – Döllstädt - Gräfentonna - Burgtonna (Bockwindmühle) - Ballstädt - Hausen - Bufleben - Kindleben - Friemar - Pferdingsleben - Tüttleben - Seebergen - Wandersleben – Mühlberg (Bratwurst zum Mittag) - Röhrensee - Holzhausen - Arnstadt (Wasser zum nachspülen gekauft) - Marlishausen - Hausen - Görbitzhausen - Branchewinda (Ausblick auf die A71) - Behringen - Oberwillingen - Niederwillingen - Stadtilm - Wüllersleben - Witzleben - Achelstädt - Osthausen - Elleben - Gugleben - Riechheim - Hohenfelden (Stausee Hohenfelden) - Nauendorf - Klettbach - Hayn - Eichelborn (A4-Ausblick) - zurück nach Hayn - Meckfeld - Gutendorf - Troistedt - Obergrunstedt - Nohra
= 200km in 8 Stunden