Anleitung - Wie erwerbe ich Eigentum an einer gefundenen Simson?

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  • Nachdem ich im Schwalbennest neulich schon mal diese Frage beantwortet habe und auch hier schon des öfteren danach gefragt wurde, habe ich heute mal was geschrieben zum Thema:


    Wie werde ich Eigentümer an einer gefundenen Simme?


    Die Ausgangslage ist dabei immer sehr ähnlich: Schwalbenfreund X spaziert in der Stadt A durch die Gegend und sieht in einer dunklen Seitengasse eine Schwalbe stehen. Bei näherer Betrachtung stellt er fest, dass sie seit langer Zeit nicht mehr bewegt wurde (Reifen platt, Moos auf dem Sitzpolster, etc.). Daraufhin beschließt er, dass Fahrzeug zu retten. Er klingelt bei allen Nachbarn und fragt nach dem Eigentümer. Niemand kennt ihn, aber jeder weiß, dass die da schon ewig steht. Er pinnt einen Zettel an die Schwalbe. Niemand meldet sich. Also was nun?
    Einfach Schloss aufbrechen und nach Hause schieben? Hmmm, lieber nicht. Egal wie ranzig das Dingen ist: Es wäre immer noch ein Diebstahl und auch Sachbeschädigung! Und das Risiko, dass das raus kommt, wenn sie eines Morgens mal nicht mehr in der Gasse steht ist recht hoch. Zumal ja mittlerweile auch jeder in der Nachbarschaft weiß, dass man an der Kiste interessiert ist....
    Aber nicht den Kopf hängen lassen: Es gibt einen legalen Weg für lau an die Schwalbe zu kommen:
    Der Fund gemäß §§ 965ff. BGB.
    Das Prozedere ist dann folgendes:


    1. Der Schwalbenfreund zeigt dem Fund/-Bürgerbüro (Oder alternativ, aber nicht ganz so geeignet, der Polizei/ der Stadtreinigung) den Fund der Schwalbe gemäß § 965 II BGB an. Also einfach hingehen, Sachbearbeiter aussuchen und sagen: "In der XY-Straße steht seit Jahren ein Moped, dass anscheinend niemandem gehört. (Begründungen und Ausführungen, warum es da schon ewig steht folgen nun.) Ich möchte es als Fund melden."
    2. Er bietet dann an, das Schwälbchen gemäß § 966 I BGB bei sich zuhause in Verwahrung zu nehmen. (Wichtig: An die Haftung gemäß § 968 und die Herausgabepflicht gemäß § 967f. denken!)
    3. Jetzt kommt der beste Teil: Nun weißt der Vogelfreund die Behörde (gerne auch nachdrücklich und mehrmals) bei der er den Fund anzeigt drauf hin, dass er gemäß § 973 I BGB das Eigentum an dem Schwälbchen erwerben möchte.
    4. Nach dem Ablauf von 6 Monaten ist sie dann offiziell seine und der frühere Eigentümer kann ihm nix mehr.
    5. Im Freudentaumel sollte er dran denken, sich von der Behörde den Eigentumserwerb schriftlich bestätigen zu lassen (Rahmennummer und Motornummer), damit es keine Probleme bei der Neubeantragung der Papiere und einer eventuellen Diebstahlsanzeige des früheren Eigentümers gibt.


    Es kann nicht schaden, wenn man sich die einschlägigen §§ ausdruckt und mit zum Amt nimmt. Sollte man das Fahrzeug in einer größeren Stadt finden, ist die ganze Geschichte meist sehr einfach. Dort haben die Sachbearbeiter schon mal von sowas gehört und sind froh, dass sie sich nicht selbst um die Entsorgung kümmern müssen.


    In einer Kleinstadt oder auf dem Lande sieht die Sache meist schwieriger aus. Die erste Frage ist meistens: "Sowas geht?!" und danach wird auch gerne gesagt, dass ein Eigentumserwerb nicht möglich sei, weil über das Nummernschild der Eigentümer ja noch ausfindig gemacht werden kann und das Fahrzeug somit kein "Fund" im Gesetzessinne ist. Dies ist aber nur zum Teil richtig.
    "Verloren" im Gesetzessinne ist eine Sache (gemäß Palandt/Bassenge, 66. Auflage, 2007, Vorb. v. § 965 Rn. 1), wenn sie besitzlos aber nicht herrenlos ist. Nicht besitzlos sind liegengelassene und versteckte Sachen, deren Lage dem Eigentümer bekannt ist und deren Wiedererlangung jederzeit möglich ist. Ebenfalls nicht besitzlos sind Sachen, die gestohlen wurden, oder die verlegt wurden, aber deren Lage noch nicht endgültig vergessen ist. Als verloren gelten allerdings Sachen, an denen der Besitzer (nicht zu verwechseln mit Eigentümer!) seinen Besitz aufgegeben hat. (Hat er auch das Eigentum aufgegeben könntet ihr die Schwalbe einfach so mitnehmen, allerdings sind die Anforderungen an die Vermutung SEHR hoch! Selbst bei Sperrmüll ist sie umstritten...) Dadurch, dass der Eigentümer die Schwalbe über lange Zeit Wind, Wetter, Vandalismus und Verfall (nicht mehr verkehrstauglich, etc.) ausgesetzt hat, ist zu vermuten (hier sind die Anforderungen geringer als beim Eigentum), dass er seinen Besitz an ihr aufgegeben hat. Damit ist sie dann eine Fundsache. Punkt. Aus.
    Ob der Eigentümer noch ausfindig gemacht werden kann, oder nicht, ist unerheblich für die Eigenschaft als Fund! Das wird erst interessant, wenn es um den Eigentumserwerb durch euch geht.
    Nachdem ihr also den Fund gemeldet und euer eigenes Interesse bekundet habt, muss das zuständige Amt sich darum kümmern den Besitzer/Eigentümer ausfindig zu machen. Gelingt ihr das nicht bzw. vergehen 6 Monate in denen er sich bei ihr oder euch nicht meldet, so erwerbt ihr das Eigentum an der Sache. Dies läuft automatisch und per Gesetz. Da kann die Behörde also nichts dran drehen. Egal, ob es theoretisch noch möglich ist, den eigentlichen Eigentümer ausfindig zu machen oder nicht!
    Das Amt kann sich also nicht um seine Arbeit drücken, indem es sagt, dass ist kein Fund!


    Ihr habt allerdings kein Recht darauf, die Sache während der 6 Monate bei euch zu verwahren. Wenn die Behörde darauf besteht, ist sie bei ihr zu abzugeben (siehe § 967 BGB).


    Diese Einschätzung des Fundrechts ist auch auf andere Dinge und Fahrzeuge zu übertragen. Wichtig ist halt nur immer, dass man darlegen kann, warum es wahrscheinlich ist, dass der Besitzer sein Besitzrecht aufgegeben hat. Sagt die Behörde dazu: "Nein, dass sehen wir nicht so." steht man natürlich doof da. Eventuell hilft dann noch das Verlangen nach dem Vorgesetzten oder die Drohung mit der Dienstaufsichtsbeschwerde, aber wenn dass auch nicht hilft, würde dann nur noch der ungewisse Weg zum Anwalt bzw. Verwaltungsgericht bleiben.


    Anders sieht die Situation allerdings beim klassischen Scheunenfund aus. Dort können unter Umständen schon die Grundsätze des Schatzfundes gelten. Die jetzt hier aber auch noch auszubreiten würde den Rahmen des Eintrages endgültig sprengen.


    Hätte ich das alles nur schon damals gewusst.....


    Abschließend noch das obligatorische: Nämlich, dass die obigen Darstellungen lediglich meine persönliche Meinung wiedergeben und kein offizieller Rechtsrat sind. Watt weiß ich, was nen Gericht zu sowas sagt....

  • Moin,


    fast genauso war´s bei meiner Schwalbe.
    Einziger Unterschied war dass dort schon ein roter Zettel der Polizeibehörde dranklebte mit dem " bitte bis...entfernen, sonst entfernen wir´s" Hinweis (ihr wisst was ich meine :P ).
    Ich bin dann mal zum zuständigen Polizeirevier, hab Interesse bekundet, dem Beamten noch verraten wo die Rahmennummer eingeschlagen ist weil ohne Typenschild - als ich´s dann schon wieder vergessen hatte klingelte irgendwann mein Telefon.
    Ich konnte die Schwalbe abholen, da Besitzer nicht zu ermittelnwar /bzw. der kein Interesse mehr hatte.
    Super Sache, das.


    Sahib: Schön dass Du mal eine "Anleitung" zu diesem Thema verzapft hast, die hilft sichereinigen Leuten weiter.
    Gut gemacht! :thumbup::thumbup:


    Gruß
    Jan

  • Schön für Euch... Bei mir wurde in einem ähnlichen Fall die Behindertenwerkstatt informiert. Die holten das FZ gleich ab und meinten ich könne es gern für 200,- kaufen...lol Ich finde es und soll es abkaufen ?? Ab da schwor ich mir nie wieder einen Fund zu melden, und wenn ich nur die Ersatzteile verwerte. Aber ein Kollege aus einem anderen Kreis 50Km weiter fand im Wald eine Yamaha TT350 und durfte sie auch nach 6 Monaten behalten. Ist also von Kreis zu Kreis verschieden.

    Bremsen kann zu Geschwindigkeitsverlust führen..

  • mir haben sie bei solch einer Geschichte mal erzählt, machen sie nicht, weil ich das Fahrzeug nicht unterstellen darf und somit die Unterbringungskosten zu tragen hätte, die bei einem halben Jahr den Fahrzeugwert weit übersteigen -.-

    "Ich lasse jedermann Gott so anbeten, wie er es für angemessen hält,
    und ich glaube, dass jeder das Recht hat,
    den Weg in das unbekannte Land des Himmels oder der Hölle zu nehmen,
    den er bevorzugt"

    (Friedrich II. / 30.Dez.1782)


    "Gott bewahre uns vor religiösen Eiferern"
    (Friedrich II. / unbekannt)


    "may you be an half hour in heaven, before the devil knows you*re dead"
    (irish wish, unknown)

  • Und beides verstößt gegen geltendes Recht....
    Im Gesetz steht weder was davon, dass das Eigentum an eine gemeinnützige Einrichtung geht, noch das der Finder die Sache nicht unterstellen darf oder die Kosten der Verwahrung zu tragen hat (die Intention des Gesetzgebers ist eher entgegengesetzt).
    In solchen Fällen sollte man der Behörde schriftlich mitteilen, dass sie rechtswidrig handelt, man dagegen Widerspruch einlegt und das man dies bei der übergeordneten Behörde zur Anzeige bringen wird, wenn sie das nicht nochmal überdenkt. Besser ist natürlich immer ein (befreundeter) Anwalt, der der Behörde mal einen freundlichen Brief schreibt.


    Ergänzug:
    In meinen Ausführungen oben, habe ich vergessen den § 977 BGB vergessen zu erwähnen: Ihr seit dem früheren Eigentümer noch 3 Jahre lang zu Herausgabe nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Da gibts aber reichlich Schlupflöcher und der frühere Eigentümer müsste erstmal gegen euch klagen. Die Kosten wird er regelmäßig scheuen. Also alles halb so wild.

  • Wow... ganz schön viele Paragraphen. Hier ein paar Fragen dazu:


    1.) Das Amt erlaubt mir also, das Fahrzeug bei mir für 6 Monate zu lagern. Was ist, wenn da noch ein Schloß dran ist? Darf ich das dann knacken? Ist doch theoretisch Sachbeschädigung, falls sich der Besitzer doch noch meldet. Gehe ich dann mit einem Beamten zur Fundstelle und entferne unter seiner Aufsicht das Fahrzeug?


    2.) OK, 6 Monate sind vorbei, ich darf das Fahrzeug behalten. Was bedeutet das jetzt mit den 3 Jahren? Also muß ich doch 3 Jahre warten, bis ich anfange, das Fahrzeug zu restaurieren? Den Punkt mit den 3 Jahren hab ich nicht so ganz verstanden...

  • Hallo zusammen...


    Ich habe nun eine Schwalbe gefunden mit altem Kennzeichen, nicht mehr Betriebssicher und Verkehrstauglich. Ich habe also das Fundbüro angerufen, dieses will aber nur bei Herrenlosen und nicht bei Besitzlosen Dingen zuständig sein. Es wurde auf das Ordnungsamt verwiesen.


    Dort wiederum war man anfangs auch nicht zuständig. Erst der Chef wusste was ich wollte. Nur leider strebt er folgende Vorgehensweise an:


    - Schwalbe wird eingesammelt
    - Verwahrung übernimmt das Ordnungsamt
    - Es versucht den Eigentümer herrauszufinden
    - Sonst wird dann wohl eine Versteigerung stattfinden


    Was soll ich das? Ich bin doch der Finder?


    Gruß, Gregor.

    Kann mir mal bitte jemand das Wasser reichen?

  • Steht doch alles oben... Du musst schon da hin gehen und die entsprechenden Paragraphen vorzeigen, die Leute da haben auch keinen Bock sich Umstände zu machen und versuchen dich, als potenziell Unwissenden, abzuwimmeln...


    Hoffentlich hast du noch nicht verraten wo das Ding steht, denn wenn die jetzt schon geholt wurde dann wirds vermutlich schwierig...

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