[Baubericht] Regeneration ES Stoßdämpfer Typ A22

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  • Heute sind meine ES Stoßdämpfer eingetrudelt. Für einen Stückpreis von 10EUR habe ich Schrott erwartet und natürlich auch Schrott bekommen. Doktor Snuggels hätte seine wahre Freude an den Dämpfern, die dämpfen nämlich Null, nada Niente. Eine Luftpumpe dämpft mehr. Liegt vermutlich am Öl, ist sicher keins drin ;)


    Schauen wir uns erstmal an, um was es sich handelt. Am unteren Auge ist der Typ eingestanzt. Wir haben es also mit A22-120-56/80V zu tun. Google sagt mir, wie das zu lesen ist

    Code
    - Bauart: A22
    - Nennhub: 120mm
    - Dämpfung Zug: 56
    - Dämpfung Druck: 80


    Desweiteren sagt mir Google, dass 80ml Öl rein müssen


    Also, benötigtes Material:
    - 2 Simmerringe 10x19x7
    - 2 Fläschchen Telegabelöl
    - irgend ein Werkzeug um die Abdeckkappe oben Aufzukriegen. Die geht so schwer, das man da mit Improvisieren (Schraubenzieher o.ä. nicht weiterkommt)
    - 14er Schlüssel
    - Schraubstock
    - jede Menge WD40 o.ä.
    - Waschbenzin oder Petroleum
    - Handschuhe oder gute Seife ;)


    Kostenaufwand ~5 EUR pro Dämpfer. Wenn ihr Viton Simmerringe nehmt ca 10EUR pro Dämpfer


    Öl und Ringe habe ich bei Sausewind bestellt, gibts aber sicher auch woanders.


    Eins Vorweg: Wenn ihr die Möglichkeit habt, das obere Auge von der Kolbenstange zu demontieren, dann wechselt den Simmerring um Gottes Willen von oben und beschränkt Euch, beim Ventilteil unten, auf eine gründliche Reinigung und Sichtprüfung, ohne es zu zerlegen! Es spart Euch das eventuell nötige Neueinstellen der Dämpfung, was mit zig mal Öl rein/raus + Stossdämpfer auf/zuschrauben verbunden ist.



    Übrigens sind normale TS Stossdämpfer (Enduro) auch Typ "A22". Ich gehe also davon aus, das der innere Aufbau identisch ist, ihr also genauso vorgehen könnt


    Hier ein Enduro Stossdämpfer:


    Nundenn, erstmal das untere Auge ausgebuchst, damit es Halt im Schraubstock gibt. Im Schraubstock eingespannt, zeigt sich der Stossdämpfer schon mal von der bösen Seite. Wie soll man diese Abdeckkappe lösen?



    Kurz gemeßschiebert und festgestellt, das der Ring mit Vertiefungen einen Aussendurchmesser von 28mm hat. Kopfkratz - genau, das Rohr, was ich für die Buchsen der Starschwinge gekauft hab, hat genau 28mm. Ein Stück Flachstahl lag auch noch rum. Also fix 3cm vom Rohr abgeflext, in den Flachstahl ein 10 Loch gebohrt, mit Flex ein U draus gemacht und etwas aufgeweitet, Der Stoßdämpferstab ist 10mm, als ein bisschen Luft lassen. Magnetwinkel drauf, 2 Punkte gesetzt und einmal Runde rum gebrutzelt. Dann angehalten und mit einem dünnen Edding die Schlitze angerissen. Eigentlich hätte ich mit der Flex nur kreuzweise rüberreiten müssen.


    Ich habe im Internet auch eine Lösung gesehen, wo jemand sich einen Schlüssel mit M5 Schrauben (vgl. Flex Schlüssel) gebastelt hat. Also, wer kein Schweißgerät hat, kann sich auch so behelfen. Das Flachblech so wie Meins, im passenden Abstand 2 Löcher gebohrt, M5 Gewinde reingeschnitten, Schrauben rein, Schrauben unten auf Schlitzgröße passend feilen. Beispiel aus einem anderen Forum



    Und funzt, als wenn der Schlüssel exakt das vorgeschgriebene Werkzeug wär



    Die Innenhülse war an der Außenhülse festgegammelt. Das ist KEIN Flugrost mehr! Ich mußte erst eine Bierlänge WD40 einwirken lassen. Irgendwann habe ich die Innenhülse dann doch lockern können, mit viel Geduld und rumrackeln. Achtung, wenn ihr mit dem Schraubenzieher rangeht, äußerste Vorsicht, die Außenhülse ist sehr dünn, versaut Euch nicht das Gewinde von der Abdeckkappe. Da ist kein Tropfen Öl mehr drin. Wie auch, durch den Simmerring oben kann man bei 1mm Spiel durchgucken. In dem Teil dort neben der roten Dichtung sitzt der Simmerring.



    Das Innenleben müssen wir nun aus dem Innenrohr rausziehen. Das war echt eine Sauerrei, eine Mischung aus Rost und Ölresten. In Verbindung mit viel WD40 und Waschbenzin färben sich die Pfoten schwarz. Wenn ich den 2. Stossdämpfer mache, reiche ich noch ein Foto vom frisch zerlegten dreckigen Zustand nach. Ich wollte gestern einfach das Handy nicht anfassen, mit den Fingern. Auf dem Foto also der schon gereinigte Zustand, allerdings so wie es im Rohr steckt, also noch nichts demontiert. Das Innenrohr steckt im Schaubstock und ist schon mit Drahtbürste und 1000er Schleifpapier auf Vordermann gebracht. In dem dickeren Teil, dort wo der rote Schraubenzieher liegt, sitzt der Simmerring, da wollen wir ran. Ganz links außen seht ihr das eine Ventil.....



    und im Innenrohr unten ist das andere Ventil.



    Beide Ventile waren festgegammelt. Mit viel WD40 habe ich das Ventil im Rohr wieder gängig gekriegt. Am Boden, also von innen am Ventil war noch Ölschlick. Da das Ventil aber schon wieder locker und durchlässig war. habe ich es über Nacht in ein Glas mit Benzin gestellt. Heute früh dann mit einem langen dünnen Pinsel ein wenig drin rumgerührt - nun ist es auch wieder richtig sauber und geht wunderbar leicht. Da das normal alles im Öl schwimmt, wird das auch nicht wieder festgehen, hoffe ich.


    Den Innenstab zerlegen wir nun von unten nach oben. Ich war mir zunächst unsicher, ob von unten oder von oben (vom Auge her). Da aber im Auge oben ein Splint steckt, der quasi nur auszubohren ginge, habe ich mich try & Error für unten entschieden. Dort ist eine flache 14er Mutter. Dahinter eine Spiralfeder. Ich hatte Angst, das beim Lösen der Mutter alles auseinanderschneppst - war aber nicht so. Die Spiralfeder scheint nur Sicherung für die Mutter zu sein. Ein Federring ist dort als Sicherung nicht möglich, da das Öl durchströmen muss. Diese Mutter hat was mit dem Dämpfungswert zu tun. Bei mir war die Mutter unten genau bündig mit dem Ende des Gewindes. Merkt Euch also genau die Position. (Wie weit die Mutter draufgeschraubt ist.) Am Besten, Messschieber dran und Foto machen. Nach Mutter und Feder kommt ein kleiner Schraubbolzen mit 2 Abflachungen. Schlüsselweite weiß ich jetzt nicht, müsste 8er oder kleiner sein. Ich habe dort einen Kleinen Schraubstock benutzt. Die Gewinde sind alle festgegammelt gewesen. Also mit der gewissen Vorsicht vorgehen - Gewalt ist bei Oldtimern nie gut - lieber mehr Rostlöser. Nach dem Bolzen kommt die Ventilglocke Diese gleich überprüfen ob alle Löcher und Schlitze durchgängig und sauber sind. Dann kommt noch eine kleine U-Scheibe, die als Ventil wirkt, mit eine kleinen kegelförmigen Spiralfeder. Dahinter 2 Sicherungsringe. Explodiert sieht es dann so aus - stellt Euch vor, die untere Reihe ist die Fortsetzung rechts neben der oberen Reihe:



    Untere Reihe links - dort liegt unser Korpus Delikti - der Halter für den Simmerring. Der Simmerring steckt da einfach von oben drin, auch wenn das Teil sich irgendwie aus 2 Teilen zusammensetzt. Ich dachte zuerst, der Simmerring sitzt wie unter einer zu lösenden Glocke. Ist aber nicht so. Mit einem Schraubenzieher und kleinem Hammer sucht man sich nun eine Stelle im Simmerring und schlägt einen Knick Richtung Mitte rein. ACHTUNG: keine Schäden am Sitz des Simmerringes machen - nur "im Gummi arbeiten". Irgendwann verliert er die Spannung und ihr könnt ihn rausnehmen. So sollte das dann aussehen:



    Nun muß ich erstmal auf die neuen Simmerringe warten. Sobald die da sind geht es hier weiter.


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    Falls ihr Kommentare, Anmerkungen oder Fragen habt, nur zu.

    17 Mal editiert, zuletzt von Waldmensch ()

  • Sehr interessant....habe selber schon mehrere Hydraulische Dämpfer von den Simson flott gemacht und muss sagen: Es lohnt nicht, gleich immer neue zu kaufen!
    Meisst fehlt wirklich nur Öl und die Dichtungen sind dahin....kostenpunkt: wie bei dir :ca 5€ pro Dämpfer...
    Und anstelle deines selbstgebastelten Werkzeugs um die obere Kappe abzuschrauben, kann man auch nen Strinlochschlüssel nehmen: passender kostet etwa 10€.
    Bin auch überrascht, wie ähnlich sich MZ und Simson Dämpfer im inneren Aufbau sind...also wirklich fast 1:1....nur halt alles ne Nummer größer.

    Ich bin gegen einen Gorilla-Krieg: Ich sage: Frieden schaffen ohne Affen!

  • Das sehe ich genauso. Immerhin werden für ein neues ES Federbein ~80EUR aufgerufen. Gut, da ist der Chrom neu, aber 160EUR für die Simme ist schon ein Posten. An den Dämpfern, bzw. deren Innenleben, kann mechanisch eigentlich nichts kaputtgehen, außer dem Simmerring. Der leidet natürlich unter dem Straßendreck, wenn keine Schutzhülsen eingesetzt werden. Wenn der Simmerring hin ist verliert der Dämpfer unweigerlich ÖL, da die Stab bei jedem Federn ein bisschen rausfördert. Das Regenerieren ist echt kein Hexenwerk und, wenn man nicht grad so einen korrodierten toten Vogel wie ich erwischt, in einer Stunde pro Dämpfer erledigt. Ist natürlich ne Drecksarbeit, weil alles in schwarzem Öl schwimmt. In jedem Fall muß man sich nur rantrauen und kann damit jede Menge Kohle sparen und hat quasi von der Funktion her einen neuen Dämpfer.


    Wenn der Ein oder Andere sich nach diesem Baubericht nun ans Regenerieren rantraut wärs perfekt - das ist das Ziel ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Waldmensch ()

  • Super Bericht, werde ich mir mal bookmarken und im Winter auch probieren. Hab ich so auch noch nicht gesehen (im Simsonbereich), hiess immer nur: geht nicht, lohnt nicht ;)

    Bild von Abload.de nicht mehr verügbar? Kurze PN und ich binde es neu ein, ist alles noch vorhanden!

  • Zitat

    Und nicht vergessen den Dämpfungswert bei beiden Dämpfern gleich einzustellen


    Gibts da was spezielles zu beachten, außer der Viskosität und Ölmenge? Einstellbares habe ich nirgendwo gefunden. MZ Schrieb in ihren Wartungshinweisen, das gleiche Öl wie für die Gabel zu verwenden. In der Standard Telegabel Flasche sind 80ml drin, also passt genau eine Flasche rein.


    Ansonsten wird die Dämpfung ja nur durch die Lochgröße in den Ventilen beeinflußt. Also wie schnell das Öl mit Viskosität XY da durchfließen kann. Der Unterschied zwischen den Richtungen wird durch das Ventil auf dem Stab hervorgerufen. In der Eintauchrichtung sind mehr Löcher frei als in der Ausziehrichtung. Oben, bei dem Explosionsfoto sieht man die Ventilglocke. Beim Eintauchen sind alle Löcher offen, beim ausziehen nur die äußeren Schlitze. Eigentlich ein geniales Prinzip, aber einstellbar ist da nichts, zumindest nicht offensichtlich.

    2 Mal editiert, zuletzt von Waldmensch ()

  • Also die 14er Mutter am Ende war genau soweit drauf, das die Mutternwange bündig mit dem Gewinde ist, also eine Fläche ergibt. Solange ich die nicht weiter draufdrehe, sollte der Originalzustand ja bestehen bleiben. Ansonsten, Messtechnik für den Dämpfungswert habe ich natürlich nicht. Das manuelle rein rausziehen ist ja subjektives Empfinden und weit weg von Messwerten.


    Ich habe mal oben den Teil mit der 14er Mutter angepasst



    Edit: Ich habe hier einen recht nützlichen Beitrag gefunden. Leider kann ich das zugehörige Bild nicht sehen, da ich mich nicht nur deswegen in dem Forum anmelden will: http://mz-forum.com/viewtopic.php?p=413415#p413415

    Edit2: Hier steht noch was, wie man die die Messung der Dämpfungswerte improvisieren kann http://www.ostmotorrad.de/mz/es/repes2/#a9 Dort steht auch, das man den Simmerring vom oberen Auge aus wechseln soll, durch ziehen des Kerbstiftes. Dies hätte aber bei meinen Dämpfern keinen Sinn gemacht, weil ich sie sowieso komplett innen entkeimen musste. Es bleibt spannend ;)

    3 Mal editiert, zuletzt von Waldmensch ()

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    So, neues von der Front:


    Ich habe mir heute ein Werkzeug gebaut, mit dem ich die Rohre von innen schleifen kann. Einfach ein 12mm Rundstahl aus dem Baumarkt oben eingeschlitzt, einem Streifen 180er Schleifpapier eingefädelt und drehen lassen. Damit sind die Rostpickel in den beiden Rohren Geschichte.


    Dann habe ich mich an den zweiten Dämpfer rangetraut. Nun mit dem Wissen wie es geht. Ich habe festgestellt, das sich die Abdeckkappe wesentlich leichter abschrauben lässt, wenn man vorher mit der Drahtbürste den Lack (wenn vorhanden) vom Gewindeansatz wegbürstet. Also wieder Kappe runter, der Simmerring guckt mich an. Nun WD40 reingesprüht und während einer Bierlänge einsacken lassen. Dann unter "rackeln" versuchen das Innenleben rauszuziehen. Nebenbei habe ich rundherum den Dämpfer mit dem Gummihammer "massiert". Irgendwann nach 5 Minuten hat sich dann das Innenrohr vom Außenrohr gelöst und ließ sich nach oben rausziehen. Dieser Dämpfer hatte noch ein Wenig Öl(-Schlick) intus. Dadurch ist er überhaupt nicht korodiert, nur voll Ölmodder



    Leichtes Spiel - alles mit Benzin gut abgewaschen, sieht aus wie neu. Hier mal die beiden neuralgischen Punkte. 14er Mutter und Simmerring



    Weiter habe ich den zweiten Dämpfer nicht zerlegt, um Notfalls noch ein Muster zu haben. Ich werde auch erst den Ersten wieder zusammenbauen und wenn dieser funktioniert, den Zweiten demontieren. Auf jeden Fall habe ich schonmal mit dem Drahtigel den halb abgesplatterten Lack runtergeholt. Sieht wieder fast aus wie neu. Beim überlackierten Hartgummi wußte ich mir nicht anders zu behelfen, als die Hülse in die Drechselbank zu spannen und mit einem 180er Schleifer drüber zu gehen. Die Drechselbank war dabei nicht an, sondern diente nur als drehbare Halterung. Das unwuchtige Teil wäre mir sofort um die Ohren geflogen und für die Pinole gibts keinen Ansetzpunkt. Hochglanz holt man mit 180er nicht raus aber ein recht ansehnliches mattes Gummi finish mit einer feinen Struktur. Besser als draufgeklechster Lack.



    Nun hänge ich wirklich fest, bis die Simmerringe kommen.


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    4 Mal editiert, zuletzt von Waldmensch ()

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