Kilometerstand: 18 991
Kameraden, wir sind wieder beieinander! Ich danke Euch für Eure Hilfe und Euren Einsatz! Das freie Wort hat noch einmal gesiegt. Wollen wir alles dafür tun, daß es auch so bleibt!
Warum ich jetzt allerdings meinen Simson-Vollschwingen-S-Klasse-Langzeiterprobungsstrang in einem Café weiterführen soll, ist mir kryptisch. Naja, bestimmt zerlegt Herr Tacharo seine Motoren daheim auch auf dem Küchentisch seines Weibes, neben Schweinemett und Bratkartoffeln. Mir soll es recht sein, sitzen wir halt in einem noblen Café, in dem es hoffentlich auch gutes und preiswertes Gezaptes gibt. Der große Joseph Roth schrieb seine berührendsten Werke gleichfalls an den Tischen der europäischen Kaffeehäuser und trank sich langsam dabei zu Tode... Also, wer bedient? Ich hau' alle Likes und Punkte auf den Tisch und schmeiße eine virtuelle Saalrunde! Und noch eine und noch eine, bis die Kröten verpulvert sind --- und dann simma wieder ernst.
Ich gab mich jetzt einer Grenzerfahrung hin. Mein Rittergut habe ich seit 2002. Seitdem hatte ich mir vorgenommen, irgendwann mal einen Grund zu finden, nach Zittau zu laufen. Es sind etwa zwöf Kilometer. Nun endlich hatte ich ihn. Ich fuhr mit der Mockte nach Zittau und von dort mit dem Zug nach Berlin und parkte dann mit meiner neuen Edelkalesche wieder am Landsitz ein. Aber ein Ritter braucht sein Roß! Ich will es aus dem Küchenfenster sehen, wie es auf der Terrasse steht und mich traulich mit seinem einen Auge anblinzelt. Also zog ich mich bei anderthalb Grad Celsius warm an, setzte den Walkman auf und stiefelte Punkt zwo Uhr los. Es war starker Nebel, der fast volle Mond spendete sein fahles Licht, daß aber in Bodennähe in der Suppe ersoff. Die Silhouetten kahler Bäume trieben an mir vorbei, wie gespenstische Skelette, die aus dem Unklaren nach mir griffen, doch blieb ich in Bewegung und hinter mir versanken sie wieder in der Watte. Keine Autos fuhren und die wenigen Straßenlampen hingen wie fluoreszierende Plinsen in der dicken Luft. Ich lief mit raumgreifenden Schritten in einem guten Tempo, wie das Knie es zuließ. Ich hatte mit fünf Viertelstunden gerechnet und brauchte exakt die doppelte Zeit, bis ich durchgeschwitzt in meinem Bureau ankam. Dann duschen, umziehen, Kaffee und heimfahren. Jetzt habe ich das Erlebnis einer spannenden Nachtwanderung in mir und mein gutes Roß wieder um mich!
Noch ein Nachsatz zur Technik: Zur Zeit bin ich extraordinär klamm, Umzug, Auto, usw., usf.... Wenn sich das wird wieder eingerenkt haben, ich schätze mal so Winter zwanzig, einundzwanzig, dann wird es hier auch wieder technischer: Die MZ-Nabe will ich nach wie vor noch eingebaut haben und Totokings Teil endlich seiner Verwendung zuführen. Versprochen, das wird und ich werde davon erzählen! Ihr wißt ja: Simsonfahrer sind nicht so schnell, aber dafür gründlich und langsam...
Mein neues Auto. Ein Audi B5, wie mir die Papiere verraten, vierundzwanzig Jahre alt, einstens dunkelgrünblau, nun mit vielen lustigen Beulen und Narben, bedeckt mit schwärender Rostschutzfarbe, knapp 260 tkm sind runter, vierundsiebzig Kilowatt Benziner - das sind, glaube ich, glatt hundert Pferdestärken, vier Zylinder, vier Sommer- und vier Winterräder, TüV bis März einundzwanzig, latent leichter Kühlmittelverlust, hypersensible Servolenkung, Dauermacke am Automatikchoke (hat den Vorbesitzer urst angekotzt, macht mir aber kaum zu schaffen), innen noch immer der gehobene Mittelklassewagen, der er einst war, nur mit der Patina ehrlich verdienter, äußerster Abgewetzheit (aber immer noch viel besser erhalten, als der Logan nach nur zehn Jahren Orktransport), das Aufblendlicht geht gern spontan aus, unangenehm bei hundertfünfzig auf der Autobahn, aber man kann sich dran gewöhnen und bei einer von etwa fünf Losfahrten gehen sogar Tachometer und Drehzahlmesser - sonst ist Blindflug. Und all das für nur einhundertfünfzig Zacken, das ist doch sensationell, oder?! Ich hoffe nur, die Unterhaltskosten fressen mich nicht auf. Ebenfalls hoffe ich, mich nicht damit umzubringen. Bisher pries ich immer die lebensverlängernde Wirkung leistungsarmer Fortbewegungsmittel, doch ist dies das stärkste Auto, welches ich je besaß. Dies kann mir zum Verhängnis werden, denn (Achtung Timo!) als Spätfolge zu langen Trabantfahrens habe ich einen krankhaften Bleifuß und alle anderen sind mir, sitze ich im Auto, stets und ständig viel zu langsam. (Ich habe es dieser Tage zur Mittagsstoßzeit vom Garten nach Görlitz Nord in fünfundzwanzig Minuten geschafft - das geht eigentlich gar nicht - da hatte ich schon ein bißchen Angst vor mir...) Sobald ich vermag, werde ich Euch ein paar Bilder von August (ob ich ihn nach seinen Namensgeber so nenne - den "Rostigen August"?) zeigen. Cruisen tut er sich jedenfalls herrlich: Wie das Schesselong meiner Urgroßmutter, auf dem ich als Bub immer turnte...
Tja Marko und Oppa, mein Gewicht. Ihr habt Recht. Ich wurde weniger. Und jetzt wollt Ihr mir meine geheimen Abnehmtips abluchsen? Meine Körpergröße ist 191,5 Zentimeter. Als ich damals hier anfing, es war nicht gelogen, schwankte ich zwischen 125 und 127 Kilogramm. Meinen Negativrekord von 129 Kilogramm aus den Neunzigern, konnte ich, gerade so, aber immer noch gerade so, erfolgreich vermeiden. Aber ich fühlte mich nicht fett und kam mir nicht unbeweglicher vor als sonst. Nur wenn ich mich auf Bildern der vergangenen zehn Jahre sehe (als Photograph steht man halt meistens hinter der Kamera und so viele gibt es da gar nicht) und vergleiche, dann erschrecke ich. Ich fraß doch viel mehr in mich hinein, als ich wahrhaben wollte und auch wenn ich auf ihnen grinse und meine Babyjahre (bundesdeutsch: Erziehungszeit) an der Seite der Orks genoß --- ich war unglücklich und habe es nicht bemerkt. Das sehe ich erst heute im Vergleich...
Tja, einige Tips kann ich Euch verraten, die, denen ich, glaube ich, am Meisten verdanke und es ist nicht nur der Sport. Dort war ich seit Ende Juni wegen des Kinos, der Verletzungen und Operation nicht mehr. Es geht los mit Obst. Um die Jahrtausendwende herum prägte ich den Spruch "Der Mann über dreißig sagt ja zu Vitaminen!". Das stimmt. Nur geht testosterongesteuerten Menschen Obst manchmal etwas sperrig durch die Kehle. Da hilft nur eins: Ausschließlich Obst kaufen, das man mag und dann viel und viel davon essen. Bei mir sind das Khaki, Mango, Nektarine, Banane, Kiwi, Apfel und hartgrüne Birnen. In dieser Reihenfolge. Und jetzt der wichtigste Rat zum Grünzeug: NIEMALS als Nachtisch!! Obst marschiert schneller durch das Verdauungssystem als anderes. Obst nach dem Hauptgang ist für den Körper genauso nützlich, wie würfe ich es aus dem Fenster und hoffte dann auf Besserung. Obst nur als Vor-, Allein- oder Zwischenspeise verwenden!
Die nächsten Tips sind Binsenweisheiten: Meide das Fleisch von Mehrlingsgebärern, die dem Menschen genetisch nahe sind - also Schwein. Obwohl es in der heutigen Zeit einem patriotischem Bekenntnis gleichkommt, ja zu diesem Fleischproduzenten zu sagen, versuche ich, ihm aus dem Wege zu gehen. Ich bin auch nur ein normalarmer Mensch und esse urst gern Fleischprodukte und da lockt das preiswerte Schweinefleisch natürlich sehr. (Bei dieser leckeren Salami in der böhmischen Penny-Kaufhalle konnte ich gestern auch nicht nein sagen: Ein kantiger(!) Riesenrunken, auf achtzig Kronen gesenkt, da schlug ich zu --- ich bin auch nur ein Mensch...) Wo es geht, ausweichen auf Hühnerfleisch, das ist auch preiswert und wesentlich gesünder. Es kann zwar kein Grillsteak ersetzen (wer kennt noch das deutsche Wort für "Steak"? - Rippenschnitte!), sonst aber vieles!
Wo immer es geht, wo immer es geht, wo immer es geht Weizen, Roggen, oder ähnliches Dreckzeug durch das antikarziogene Dinkel, ich wiederhole Dinkel, zum Mitmeißeln D I N K E L ersetzen!! Das Zeug ist ein hiesiges, natürliches, deutsches Getreide, krebsverhindernd und so gesund, daß ich mich wundere, daß die Politik es nicht genauso verdammt, wie den Hanf. Aber, achtet auf die Zutaten: Keine Beimischungen, nur reine Produkte! Ich bekomme kein Geld dafür, muß hier aber jetzt trotzdem mal Werbung für den Konzern "Kaufland" machen, die haben ein sehr gutes Dinkelangebot - meine zwei Tips: Preiswerte reine Dinkelbrötchen und verschieden gemahlene Dinkelmehle, von denen allerdings nur eines empfehlensert ist: Dinkelvollkornmehl. Nicht viel teurer als ungesunde Mehle, ich glaube sechs bis acht Groschen das Kilo. Ich verwende es seit Jahren für meine Buchten und es erzeugt einen angenehmen leicht nussigen Geschmack. Ach so, da wir gerade beim Backen sind: Ausschließlich Rohrohrzucker, keinen Rübenzucker verwenden!
Entsäuern! Körper, Haut, Nahrung, Kleidung, Verdauungssystem. Wenn man es direkt in der Saline bestellt, kosten fünfundzwanzig Kilogramm Natron im Sack nur etwa fünfzehn Neumark. Das ist viel preiswerter, als das gleiche Produkt unter dem Namen "Bullrichsalz" in der Kaufhalle. Vergleicht mal!
Nun der wichtigste Tip. Da gab es vor einigen Jahren einen Film eines engagierten Australiers, ich dächte, er hieße "Voll verzuckert" oder so ähnlich. Der Umstellung auf seine Ernährungsweise verdanke ich einen großen Teil meines Gewichtsverlustes. Aber ich beginne am besten von der anderen Seite...
Denkt an früher. Wie war es denn da, wie war es bei mir, wie war es bei Euch? "Jungchen, haste Hunger? Hier nimmocke nochne Semmel!" - "Verdammich Junge! Schmier die Butter nich so dikke!" (Wißt ihr, das Butter im Slawischen - Tschechisch, Russisch, Polnisch - "maslo" heißt? Meine Eselsbrücke dahin war immer Vaters Flehen, doch die Butter nicht so maßlos zu verwenden.) Und dieses Denken muß komplett über Bord geworfen werden, oder besser: Genau andersherum ist es richtig. FETT MACHT SATT, BROT MACHT DICK! Ich verwende ausschließlich gute Butter (niemals Magrine! - Schmierfett nur der Mockte geben!) und Olivenöl und das reichlich. Keine drei Semmeln mehr zum Essen, nur zwei Brötchen, diese aber dick mit Butter unter dem fetten Käse, der Salami oder dem Nudossi. Wenig Nudeln, Apern oder Reis. Lieber mehr fettes, scharf angebratenes Fleisch und davor und dazu Salat. Meine Lieblingsnascherei, zu allem dazu, danach oder allein, auch eine ganze Mahlzeit ersetzend, Studentenfutter, selbst zusammengeschüttelt im Fünfkiloeimer. Die Hauptzutaten, ungesalzene Erdnüsse und Rosinen, hole ich bei Kaufland, und den Rest, wenn es bevorzugt dort oder woanders im Angebot ist. Den Eimer zu füllen, dauert schon eine ganze Weile, ihn zu leeren aber auch. (Das Ganze nennt man, glaube ich, "Lohkarp".)
Gute weitere Tips gebe ich dann einstens (In den Neunzigern war ich, eine preiswerte Alternative zur aufkommenden Mobiltelephonie suchend, CB-Funker. Im Funkerrotwelsch hieß ein Gespräch "QSO". Ein analoges Gespräch, von Angesicht zu Angesicht also, nannten wir dementsprechend "Nasen-QSO".), so Gott will, im Nasen-QSO.
Marko, ich danke Dir für Deine diplomatisch-höfliche Umschreibung: "Das Foto auf dem Moped in der Tschechei damals sah viel dicker aus." Unglaublich, wie Photopapier so aufträgt... Zur Zeit wiege ich einhundertundvier Kilogramm und ich hoffe, die Negativtendenz hält noch eine Weile an. Seit meinem siebzehnten Lebensjahr träume ich davon, wieder unter die Einhundertkilogrammarke zu fallen und ich bin diesem alten Ziele jetzt nahe wie nie zuvor...
Zu Berlin also. Tja Marko, dank der Zensoren war es nun nicht möglich, uns mal spontan in der Hauptstadt kennenzulernen. Die Punkkneipe mit dem leckern hellen "Kreuzberg Tag", der nullvierer für zwozwanzig, liegt an der Grenze zu Neukölln und heißt "Trinkteufel". Abgesehen von der Musik ist dieser Laden sehr zu empfehlen und das "Berliner Kindl" ist bei weitem nicht so lecker, wie das Trinkteufelbierchen! (Wir stechen das mal privat aus, ja?) Ich logierte drei Fußminuten vom Kottbusser Tor entfernt (sogar eine der zwei Berliner "Dresdner Straßen" gibt es dort im Viertel) und betrieb mannigfaltige soziologische Studien, die für einen wie mich sehr von Interesse sind, aber so rein gar nichts mit Simson zu tun haben. Eine neumodsche Elektroschwalbe sah ich, photographierte sie aber nicht. (Schon allein der Gedanke daran, in Berlin die Kamera bei mir zu führen, streßte mich.) Auf einem Platz ganz in der Nähe sah ich Berlins einzige Simson und lichtete sich für Euch mit dem Schlauphon meiner Wirtin ab. (Scheißkameras haben die Dinger - kaum, daß ich das Bild überhaupt retten konnte...) Sonst sah ich in Berlin nüscht simsiges...
Du frugst mich vor einiger Zeit über unser Sommerkino aus, Marko, wie es denn angenommen würde und erzähltest von Besuchereinbrüchen bei Deinem hiesigen Sommerkino. (War es das Chemnitzer?) Zur Beantwortung Deiner Frage hänge ich die Statistik unserer Besucherzahlen an. Es ist faszinierend. Ich leitete es jetzt das vierte Jahr. Einige gravierende Änderungen führte ich damals sofort mit Dienstbeginn ein, um andere Verbesserungen mußte jahrelang gerungen werden. Und nun machte es "plopp!" und sie zeitigten Wirkung. Die "Zittauer Filmnächte" erlebten das erfolgreichste Jahr ihrer Geschichte! Ich behaupte aber nicht, daß wir besser sind, als die anderen; wir hatten halt nur einen immensen Aufholbedarf...
Guten Tag, Herr Lehmann. In der südpreußischen Knochenmühle, in der ich meine letzte Bauphase durchlitt, gab es einen knorzigen Kranfahrer namens "Herr Lehmann", uralt, riesengroß, langsam, Hände wie Klodeckel und verwachsen mit seinem Kran: Ein lupenrein gepflegter DDR-ADK, aber nicht der auf W50-Basis, sondern der größere, mit dem riesigen Fahrerhaus. Also, es ist sowohl schön, wieder einen Herrn Lehmann zu haben, als ebenso, einen weiteren Cottbusfreund gefunden zu haben.
Das Video kannte ich nicht, mir schwebte auch was anderes bei meinem Portait vor, der vereinsamte Mensch im Schnittpunkt der Bildlinien einer trostlosen Umgebung, oder so ähnlich...
So. Es ist diesmal ein bißchen länger, die Arbeit dreier Abende, aber da habt ihr wenigstens eine Weile zu tun.
Bis zum Wiederlesen, Euch einen gesegneten Sonntag wünschend,
Euer Kaffeehaustilo