Hallo zusammen,
mir ist heute etwas in die Hände gefallen, das mit Finderglück kaum zu beschreiben ist. Ich will es euch nicht vorenthalten, deshalb beginne ich mit der Geschichte von vorn.
Wir haben heute einen spontanen Familienausflug gemacht, wir wollten uns wieder einmal zu einem neudeutsch genannten "Lost-Place" aufmachen. Wir fuhren zum 30 min entfernten Schloss Dammsmühle (gehört noch zur Gemeinde Wandlitz). Wandlitz? War da nicht was? Ja der werte Genosse Honecker und das halbe Zentralkomitee der SED haben in der Waldsiedlung in Wandlitz residiert. Bekanntlich hatten sie auch ein nettes Privatleben, in dem der ein oder andere Genosse auch gerne mal die Kugeln durch so einige Wildtiere jagte. Für unter anderem diese Freizeitaktivität errichtete die Führung der Partei sich auf dem Gelände des alten Schlosses Dammsmühle bei Wandlitz im Stile des minimalistischen Zweckbaus des Sozialismus ein paar Gasthäuser mit eigener Sauna, Unterkünften, Kino- und Tanzsaal, uvm.
Zunächst jedoch besetzte die Sowjetunion das Areal. 1951 wurden die Gebäude dann an die DDR übergeben. So wurden die Gebäude folglich als Bildungsstätte, Erholungsheim und Pionierlager genutzt, bis dann das Ministerium für Staatsicherheit seit 1959 das Gelände für sich in Anspruch nahm und zum Jagdsitz der Genossen umfunktionierte. In den Jahren entstanden diverse Barackenartige Gebäude und Bunkeranlagen. Auch Herr Mielke soll hier des öfteren zu Besuch gewesen sein.
Die Gebäude stehen offen, sind im miserablen Zustand und vom Vandalismus geprägt. Viele Nazi-Schmierereien an den Wänden, sehr viel Müll in den einzelnen Zimmern. Leider brannte im letzten Jahr ein Großteil eines Nebengebäudes, sodass hier nur noch die Mauern stehen. Man kann aber schon erahnen, was hier mal los war vor etwas mehr als 30 Jahren. So zog es uns von Raum zu Raum in diesen verlassenen Mauern. Ein Raum war voll mit alten Matratzen, Metallteilen, Fragmenten von Stühlen und Tischen. In einem Anderen alte Werbeprospekte, eine Verpackung von einem Damenslip mit EVP, eine Rechnung und Bedienungsanleitung vom Elektrorasenmäher Typ ESM 35/II, zwischen kaputten Fensterrahmen und Schrankresten fand man Stromlaufpläne und vereinzelnt Unterlagen zu Baumaßnahmen. Im nächsten Raum entdeckte ich zunächst ein altes dreckiges Schulterzeichen, graublau mit gelben gesticktem Rand - vermutlich abgerissen. Figuren von Brettspielen, alte Schuhe und ringsherum sehr sehr viel Müll. Bretter, Müll, Scherben, Schranktüren.. Ich hob Spelakatplatten von alten Möbeln zur Seite und sah eine kleine Zylinderartige Rolle darunter. Ich dachte es wäre ein schwarzes Gummistück und habe dem Teil erst keine Beachtung geschenkt. Irgendwie kam es dann dennoch dazu, dass ich es mal hochnahm. Ich realisierte innerhalb von zehntelsekunden - Das ist kein Gummi, das ist eine alte Filmrolle! Ich wickelte sie auseinander und schaute hindurch ins Freie. Tatsächlich! Der ist belichtet und entwickelt! Wahnsinn! Was da wohl drauf ist? Ich schaute mir flüchtig die ersten paar Negative an, sah ein Auto, Personen, Landschaften. So steckte ich ihn erst einmal in die Tasche. Es wurde dunkel, wir fuhren nach Hause. Anschließend nahm ich die Filmrolle aus der Tasche und wässerte sie in meinem Entwicklungstank. Nach dem Trocknen der spannendeste Moment - Das Scannen und betrachten der Bilder! Wahnsinn, sind das tolle Bilder. Oh! Ich entdecke einen frühen DKW F8 CB2 mit Kennzeichen aus dem Kreis Erfurt!! Und eine wunderschöne Frau. Ich sehe das Rathaus von Karl-Marx-Stadt! Ich bin fasziniert. Was für ein Fund, was für ein Zufall. Wie der Film überhaupt in die Müllberge der alten Stasigebäude gelangte, der augenscheinlich keinerlei Bezug zu dieser Region hatte, bleibt wohl für immer ein Rätsel.
Aber eins können wir eventuell zusammen eingrenzen - Das Alter der Aufnahmen!
Wann meint ihr, sind diese Aufnahmen entstanden? Ich bin gespannt auf eure Tipps.
Danke fürs Lesen!!
Gruß
Matti