Wie bekomme ich die abgebrochene Schraube raus?

Wohl jeder der schon mal an einem Mopped gebastelt hat kennt das alte Schrauber-Grundgesetz: Nach fest kommt ab!

Gerade Gewinde, die direkt in ein Teil aus Aluminium eingeschnitten sind sind besonders betroffen. Populäre Beispiele sind das Kerzengewinde im Zylinderkopf; Vergasergehäuseschrauben oder der Vespa-Kupplungsdeckel.

Um es vorwegzunehmen: Für fast jede Katastrophe gibt es eine Lösung; man muß sich nur zu helfen wissen und die verfügbaren Hilfsmittel richtig einsetzen.

Fall 1: Gewinde ausgerissen

1.1: Einsatz einer dickeren Schraube möglich

In diesem Fall ist es einfach: Das beschädigte Gewinde wird aufgebohrt und mit dem nächst größeren üblichen Maß nachgeschnitten. Das geht natürlich nur wenn entsprechend viel Material vorhanden ist und auch das zu fügende Teil so dimensioniert ist daß eine größere Schraube aufgenommen werden kann. Zum Thema Gewindeschneiden ein paar kleine Tips:



* Bohrung ansenken! Für einen sauberen Anschnitt ist es wichtig daß die Bohrung eine kleine 90°-Senkung bekommt. Absolut genial eignen sich bei Aluminium sogenannte Handentgrater für ein paar Mark. Mit ihm muß nicht extra für ein einzelnes Gewinde die Bohrmaschine ausgepackt werden.



* Späne brechen! ungefähr alle zwei Umdrehungen sollte das Schneideisen um ca. eine Viertel Umdrehung zurückgedreht werden um die entstehenden Späne zu brechen. Das Schneiden geht spürbar leichter und die Gefahr daß der Gewindebohrer abbricht ist geringer.

* Immer ölen! Wer nicht extra eine Riesenflasche Schneidöl kaufen will nimmt einfach Getriebeöl. In Sonderfällen, wo keine Späne unkontrolliert ins Innere eines Gehäuses fallen dürfen hilft es manchmal den Gewindeschneider dick einzufetten und alle halbe Umdrehung wieder herauszudrehen und die im Fett klebenden Späne abzuwischen. Diese Methode ist natürlich nicht unriskant und sollte nur dann angewendet werden wenn der Aufwand, das Teil zu demontieren unverhältnismäßig hoch ist! (V12 Zylinderkopf etc...)

* Sacklöcher: Für nicht durchgehende Gewinde gibt es spezielle Gewindebohrer, die an der Spitze plan sind (also eigentlich keine Spitze haben...) Sie ermöglichen ein Gewinde, das bis fast auf den Grund eines Loches geht. Die sogenannten Span-Nuten sind wie bei einem Bohrer spiralförmig ausgeführt und ermöglichen so den Abtransport der Späne aus der Bohrung. Selbstverständlich können mit ihnen auch Durchgangslöcher geschnitten werden. Ein kleiner Nachteil ist die etwas höhere Bruchempfindlichkeit gegenüber Durchgangsloch-Gewindeschneidern.



1.2: Keine dickere Schraube möglich:



Ein Beispiel für diesen Fall ist das Kerzengewinde: Hier kann man schließlich nicht auf "Übermaß-Zündkerzen" zurückgreifen, sondern ist wohl oder übel gezwungen das alte Gewinde wiederherzustellen. Dies geschieht mit Hilfe eines Gewindeeinsatzes der die Funktion eines "Dübels" erfüllt. Prominenteste Vertreter dieser Hilfsmittel sind die Helicoil-Buchsen der Firma Böllhoff. Sie sind quasi eine Spiralfeder die in das beschädigte Teil eingedreht wird nachdem ein spezielles Gewinde für sie geschnitten wurde. Das Innere der Spirale entspricht dann dem alten Gewinde. Den Vorteilen des minimalen Platzbedarfs und der hohen Stabilität steht das erforderliche teure Spezialwerkzeug gegenüber. In vielen Fällen, z.B. bei Vergasern, ist jedoch oft so wenig Material für eine dicke Buchse vorhanden daß man um Helicoils nicht herumkommt.




So gehts: Im Bild das Eindrehwerkzeug zur Montage. Der Steg in der Mitte wird herausgebrochen wenn der Einsatz am Bestimmungsort ist. Wichtig: Nicht verkanten, sonst gehts weder vor noch zurück. Fieserweise stehen manche Gewinde nicht senkrecht zur Oberfläche - wie z.B. beim Fuffimotor im Bild rechts. Noch wichtiger: Bei solchen Aktionen immer alle Öffnungen mit einem Lappen abdecken, damit keine Späne in den Motor fallen.


Alternative:

Wenn das beschädigte Teil etwas großzügiger dimensioniert ist bieten sich Messing-Gewindeeinsätze an. Ihr Außendurchmesser ist generell größer als der der Helicoils, dafür gibt es sie teilweise auch in selbstschneidenden Ausführungen. Hier wird die Buchse nur in das aufgebohrte alte Gewinde eingedreht. Die konische Form fixiert den Einsatz sicher im Bauteil.



Die Nut am unteren Ende der Buchse (s. Bild oben!) dient nicht etwa zum Eindrehen mit dem Schraubenzieher; sie schneidet mit ihren Flanken das Gewinde für die Buchse. Eingedreht wird sie mit einer normalen Schraube und einer Kontermutter. Obwohl dieses System den Nachteil hat daß sich die Buchsen nur bündig mit der Oberfläche einbauen lassen haben sie den großen Vorteil daß man kein zusätzliches Spezialwerkzeug braucht.


Für Sonderfälle gibt es natürlich auch wieder spezielle "Helferlein". Hier das Beispiel Zündkerzengewinde:

Bei diesem GS/3-Zylinderkopf ist das Kerzengewinde ausgerissen. Für solche Fälle gibt es Gewindebuchsen, die in das erweiterte Kerzenloch geschraubt werden. Der Gewindeschneider für die Buchse kann mit der Ratsche angetrieben werden, da die üblichen Schneideisen bei jeder Umdrehung "anecken" würden. Hitzefester Sicherungslack verhindert ein Lösen der Buchse bei einem späteren Kerzenwechsel.


Fall 2: Schraube abgebrochen

Ganz ärgerlich wird es wenn eine Schraube abreißt und noch ein Stück von ihr im Bauteil steckt. Hier hängt es natürlich stark von den übrigen Gegebenheiten ab wie weiter vorzugehen ist, daher soll für solche Fälle nur eine kleine "Ideensammlung" angeführt werden.

* Gewinde lösen: Wenn die bekannten Rostlöser wie WD40 oder Caramba versagen hilft oft Hitze! Das Bauteil dehnt sich stärker als die Schraube und löst so die ungewollte Verbindung. Verblüffend ist auch was manchmal schon ein Hammerschlag bewirkt: Gerade große Schraubverbindungen wie z.B. Auto-Radschrauben lassen sich gut lösen wenn man vorher einmal kräftig (in Achsrichtung!) auf den Schraubenkopf haut.

* Mutter aufschweißen: Wenn noch ein Stück der Schraube herausschaut kann man relativ leicht eine Mutter aufschweißen und diese zum herausdrehen verwenden. Die entstehende Hitze trägt natürlich auch ihren Teil dazu bei.

* Linksausdreher: Bei bündig abgerissenen Schrauben hilft nur noch ein Linksausdreher. Diese Werkzeuge sehen etwa aus wie konisch geformte Gewindebohrer, haben aber ein Linksgewinde:


Die Schraube wird am Ende möglichst Plan gefeilt und in der Mitte angekörnt. Nun wird sie mit etwa dem halben Durchmesser aufgebohrt. Das Ausdrehwerkzeug "schraubt" man jetzt gegen den Uhrzeigersinn in das Bohrloch bis es, bedingt durch die Konizität, klemmt und die Schraube mitdreht. Eminent wichtig ist dabei daß das Loch nicht zu groß gebohrt wird, da sonst der Ausdreher die Schraube spreizt und so noch fester mit dem Teil verbindet!


* Wenn alle oben genannten Lösungsmöglichkeiten versagen hilft nur ein ausbohren der Schraube und ein anschließendes Einsetzen einer Gewindebuchse. Das wichtigste ist dabei ein exakt mittiges Anbohren und ein schrittweises Steigern des Bohrdurchmessers. Da im Normalfall das Schraubenmaterial härter ist als das des Gehäuses besteht sonst Gefahr daß der Bohrer "auswandert".

Noch besser ist es freilich, wenn es erst gar nicht dazu kommt. Daher vielleicht nicht gleich mit der Rohrzange mit "Zöllin' Rohr als Verlängerung" hantieren wenn mal etwas nicht auf- oder zugeht...

Aber wem sag ich das!

Thread wurde erstellt von "1120berlin"

Mehr Informationen unter: Wie bekomme ich eine abgebrochene Schraube raus


Quelle :http://www.alteroller.de

Wir bedanken und für diesen Beitrag bei dem User Schwalbenfahrer!